In den beiden Kindergartengruppen unseres Waldorfkindergartens arbeiten wir auf Grundlage der Waldorfpädagogik Rudolf Steiners. Die Kinder bekommen Raum, Zeit, Rhythmus und Vorbild, um sich in ihrem eigenen Tempo und ihren eigenen Entwicklungsstufen gemäß entwickeln zu können.
„OHNE EINE VON HEITERKEIT UND HERZLICHER WÄRME DURCHLICHTETE, VON PHANTASIEVOLLEM SPIEL BEFLÜGELTE KINDHEIT, IHRE ERLEBNISREICHE DASEINSSTUFE VOLL AUSBAUEND SCHIEBEN SICH HINDERNISSE IN DEN LEBENSWEG, ENTBEHRT DER MENSCH DIE GESUNDEN GRUNDLAGEN SEINER BIOGRAPHIE.“
Helmut von Kügelgen
Unterstützend wirkt unter anderem unser rhythmisch strukturierter
Tages- und Wochenablauf
Das Leben in unserem Kindergarten kann verglichen werden mit dem Leben in einer Großfamilie. So gliedert sich der Tag in der Regel in verschiedene Elemente wie Freispielzeiten im Haus und im Garten, gemeinsames rhythmisches Gestalten im Reigen oder dem Lauschen einer rhythmischen Geschichte. Dazu kommen Haus- und Pflegearbeiten, handwerkliche und künstlerische Betätigungen, sowie Tätigkeiten, die an die Jahreszeiten gebunden sind und in die Gestaltung der Feste einmünden.
Ein Tag bei uns könnte so aussehen:
Vormittag
Bringzeit / Freispiel
Frühstücksvorbereitung
Begrüßung Morgenkreis
Reigen / rhythmische Spiele
gemeinsames Frühstück
Freispiel in Haus oder Garten
Künstlerische / handwerkliche Tätigkeiten
Freispiel in Garten oder Haus
gemeinsamer Abschluss (z.B. rhythmische Geschichte)
Mittagessen
Abholzeit oder Mittagsruhe
Nachmittag
Freispiel, unterbrochen von stündlichen Abholzeiten
Vesper
Freies Spiel in Haus und Garten
Den größten Teil des Tages verbringen die Kinder im schöpferischen, fantasievollen Spiel, dem die Waldorfpädagogik größte Bedeutung beimisst. Hier können sie zum Ausdruck bringen was sie bewegt. Eine wichtige Voraussetzung für das Zustandekommen eines solchen Spiels ist einerseits viel Zeit, Ruhe und eine positive, fröhliche Stimmung sowie Spielmaterial aus der Natur, das keinen bestimmten Zweck vorgibt sondern freilassend bleibt. Die ausschließlich natürlichen und funktionsfreien Spielmaterialien regen in ihrer Vielgestaltigkeit die Kreativität und die Sinne der Kinder an. Auch lassen sie Raum für Experimente und fördern durch Improvisieren und Selbsterfinden das soziale Miteinander, z.B. im Rollenspiel. So darf beispielsweise alles im Gruppenraum frei bespielt und mit Tischen, Stühlen, zusätzlichen Holzständern, Brettern, Tüchern und Naturmaterialien wie Kastanien, Steinen und Hölzern bebaut werden.
Während des Freispiels im Haus haben die Kinder immer wieder die Möglichkeit, das Angebot der künstlerischen oder handwerklichen Tätigkeiten wahrzunehmen, beim Backen oder Vorbereiten des Frühstückes mitzutun oder sich durch die Arbeiten der Erwachsenen inspirieren zu lassen.
Unseren Garten, den wir unabhängig von der Witterung täglich besuchen, können die Kinder mit allen Sinnen erleben. Erde, Wasser, Steine, Klötze, Bretter und Sand laden zu den unterschiedlichsten Sinneserfahrungen ein. Außerdem ist Raum für vielfältige Bewegung – zum Klettern, Balancieren, Schaukeln, Hüpfen und Springen. Sie erleben in unserem Garten hautnah den Jahreslauf mit, v.a. durch das Vorbereiten, Anpflanzen, Jäten, Pflegen und Abernten unserer Beete.
Gesunde Ernährung
Durch das Erleben des Wachsens und Reifens der Früchte und Gemüse in unserem Garten ist es für uns selbstverständlich, dass wir die Kinder in unserem Kindergarten gesund, vegetarisch, biologisch, regional und saisonal versorgen. Auch die Ernährung ist ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Entwicklung unserer Kinder.
Unsere Köchin verwöhnt uns täglich mit leckerem, frisch gekochtem Mittagessen in Bioqualität. Das tägliche Frühstück bereiten wir in den Gruppen gemeinsam mit den Kindern vor.
Unterstützung der Entwicklung der Sozialfähigkeit
In der rhythmischen Gestaltung des Tages legen wir Wert auf das Abwechseln von Phasen des „Einatmens“ (geführte Zeiten – eher kurz) und Phasen des „Ausatmens“ (freies Spiel – eher lang). Diese sich abwechselnden Phasen unterstützen die Ausbildung der Sozialfähigkeit der Kinder. Das Kind taucht entweder in die Gemeinschaft ein, z.B. beim Lauschen einer rhythmischen Geschichte, oder kann ganz bei sich sein und hat die Möglichkeit, seinen eigenen Intentionen nachzugehen, z.B. im freien Spiel.
Auch die gemeinsamen Mahlzeiten haben besonderen Wert für die Ausbildung sozialer Kräfte. Sie geben Gelegenheit für die bewusste Pflege einer Essenskultur, die von Ehrfurcht und Dankbarkeit geprägt ist. Das Vorbild des Erwachsenen spielt hier eine zentrale Rolle.
Auch das Eintauchen in die Eurythmie, die als ganze Gruppe gestaltet wird, fördert, neben der gesundenden Wirkung von rhythmischer Sprache und Körpergesten, die Sozialfähigkeit. Eurythmie unterstützt das kleine Kind dabei, körperlich und seelisch ins Gleichgewicht zu kommen und sich selbst im Kreis der Gruppe wahrzunehmen.
Eine ebensolche Bedeutung hat unser Reigen, den wir täglich in der Gruppe mit den Kindern gestalten. Er lebt von Liedern, Sprüchen und Versen, die im Kreis in nachvollziehbare Bewegung umgesetzt werden. Da fährt z.B. im Herbst der Bauer das Korn zum Müller und lässt es mahlen, im Frühjahr spitzt das Knöspchen aus der Erde und wächst zu einer strahlenden Blume heran.
Unterstützung der Entwicklung von Grob- und Feinmotorik und der Entfaltung von Fantasie und Kreativität
Im täglichen Leben im Waldorfkindergarten finden die Kinder unzählige Gelegenheiten zur motorischen Entwicklung. Alters- und entwicklungsentsprechend suchen und finden die Kinder Tätigkeiten wie z.B. Nähen, Weben, Fingerhäkeln, Filzen, Malen, Sägen, Schmirgeln, etc. Ausprobierend und unterstützt durch den Erwachsenen tasten sie sich immer weiter vor und erwerben so Kompetenzen in verschiedensten Bereichen, u.a. auch in der Feinmotorik. Durch das Nutzen der zahlreichen angebotenen Materialien, die den Kindern zur freien Verfügung stehen, und unterstützt durch das Vorbild des Erwachsenen und ggf. der älteren Kinder kann sich die Fantasie und Kreativität der Kinder entwickeln. Künstlerische Tätigkeiten wie Malen mit Aquarellfarben oder Kneten mit Bienenwachs lassen die Kinder ihre eigenen Gestaltungskräfte erkennen und im Schaffen etwas Erschaffen. Die vielfältigen Bewegungsmöglichkeiten in Haus und Garten unterstützen nebenbei die Entwicklung der Grobmotorik.
Unterstützung der Entwicklung der Sprach- und Medienkompetenz
Die tägliche Wiederholung unserer Lieder, Gebete, Sprüche, Reigen und rhythmischen Geschichten unterstützt die Kinder – aktiv und passiv – in ihrer Sprachentwicklung. Diese Lieder, Sprüche etc. sind in einer bildhaften, fantasievollen Sprache gehalten und deshalb von großer Bedeutung für die Sprachkultur, die im Waldorfkindergarten angelegt wird. Im Besonderen im Reigen sind Sprache, Musik und Bewegung harmonisch miteinander verbunden, so dass der ganze Mensch angesprochen wird.
Die Prinzipien der Waldorfpädagogik greifen die besondere Erlebnis- und Wahrnehmungsmöglichkeit der Kinder über alle Sinne auf.
Daher verzichten wir bewusst auf die Nutzung technischer Tonträger und audiovisueller Medien in der Erziehung der Kinder. Medienkompetenz entsteht unserer Ansicht nach nicht am Medium, da Fernseher und Computer die Sinnesfülle auf Auge und Ohr reduzieren und das Kind einer Scheinwahrnehmung unterliegt. Direkte Erfahrungen mit allen Sinnen und aktive Bewegung werden durch den Konsum einer fiktiven und vorgefertigten Welt ersetzt.
Die Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion gelingt aber erst ab dem 10. Lebensjahr sicher. Noch achtjährige Kinder fragen nach einem Kinderfilm, ob so etwas auch »in echt« sein könnte. Die Inhalte sind dabei übrigens zweitrangig, die Kernproblematik bleibt auch im allerschönsten Tierfilm erhalten.
Vertiefende Informationen zum Thema erhalten Sie u.a. in Büchern über Forschungen von Prof. Dr. med. Dr. phil. Manfred Spitzer.
Was verstehen wir unter „Vorschule“
Die Kinder, die zu uns in den Waldorfkindergarten kommen, nehmen wir auf mit ihren unterschiedlichsten Bedürfnissen, Entwicklungsstufen und Persönlichkeiten.
Jedes Kind wird in seiner ihm eigenen Art angenommen und unterstützt. Seine gesamte Kindergartenzeit hindurch entwickelt es sich, begleitet von uns Erziehenden, in seinem eigenen Tempo. Unterstützung erfährt es durch das Vorbild der Erzieher*innen und der anderen Kinder, durch Rhythmus, das Angebot von Materialien und das Angebot, einzutauchen in verschiedene Prozesse. So ist es vorbereitet, bzw. bereitet es sich selbst auf die Schule vor, immer seinem Entwicklungsstand entsprechend.
Die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die Kinder in der Schule benötigen, werden im Laufe ihrer Kindergartenzeit im Alltag mitgefördert.
In ihrem letzten Kindergartenjahr brennen die Kinder in der Regel schon darauf, in Begleitung der Erzieher*innen „besondere“ Vorschularbeiten zu entwickeln und umzusetzen, genau so wie sie es bei den „Großen“ in den Jahren davor beobachtet haben. Da entstehen z.B. genähte Puppen, z.T. mit Bettchen und Kleidern, Steckenpferde, Puppenspiele, Windmühlen mit Müllern und Müllerinnen und vieles mehr. Auch schon die kleineren Kinder versuchen sich in der Nachahmung und lassen Püppchen etc. entstehen.
Selbstverständlich übernehmen unsere „Großen“ gerne die Begleitung der neuen „kleinen“ Kinder in der Gruppe. Sie sind stolz auf ihre Rolle als Vorschulkinder, und setzen diese gerne durch Mithilfe in der Gruppe, beim Pflegen des Raumes und der Küche, durch Botengänge im Haus und Kümmern um andere um.